Freitag, 6. Oktober 2006
Geständnisse einer asexuellen Schlampe
verfasst von AVENguy

Ich habe gemerkt, dass ich in letzter Zeit ziemliche Hitzewallungen habe. Ich meine das im vollkommen klassischen Sinne. Die letzten Monate hindurch war ich mit mehr Leuten im Bett (wenn auch nicht penetrativ) als ich Finger zum Zählen habe. Wenn man, wie wir von Zeit zu Zeit merken, sich ohne Sex genauso nah sein kann wie mit, dann verdammt, bin ich ein Draufgänger!

Ehrlich mal.

Eine der Eigenarten bei Asexualität ist, wie ich finde, dass das Bestimmen und Priorisieren von Beziehungen kompliziert wird. Obwohl nicht alle Sexuellen es so anwenden würden, kann sexuelle Aktivität als ein ganz klarer Indikator für Relevanz dienen, etwas, das – was auch immer geschieht – wie feines Porzellan für die wirklich besonderen Gelegenheiten aufgehoben wird. Das Gleiche kann nicht von, sagen wir, intellektuell stimulierenden, gefühlsbetont nachdenklichen Diskussionen gesagt werden, die eher so mein Fall sind. Vielleicht ist das von mir falsch, aber ich habe bei der erstbesten Gelegenheit eine interessante Unterhaltung und komme allem intellektuell nah, das nicht bei Drei auf den Bäumen ist.

Das stellt manchmal ein Problem dar, da ich dazu neige, eine Beziehung für die nächste zu beenden, sobald sie bequem geworden ist. Schließlich gibt es überall interessante Menschen, warum sollte ich also warten, bis es mit einem so richtig schwierig wird?

Schließlich finde ich mich darin wieder, dass ich nicht von Freunden oder Freundinnen spreche, sondern von Netzwerken, ganzen Gemeinschaften, mit denen ich auf eine bestimmte Art sehr verbunden fühle. Ich frage mich, ob dieser Weg, Beziehungen auszubilden, gesund oder vielleicht sogar nachhaltig ist. Werde ich mich letztendlich in einem Spinnennetz tiefer, vertrauensvoller Freundschaften „niederlassen“, das mich hält, solange ich lebe? Werde ich wohl ein Dorf errichten, das mein Kind oder Willen aufwachsen lassen kann? Ich habe Angst, dass meine wackligen und wendigen Netzwerke in kleine Bündel Monogamie aufgehen, die lediglich über höfliche Geselligkeiten erreichbar sind.

Liebe ist eine lustige Sache. Was ist an den Freundschaften, die ich aufgebaut habe, so ersetzbar? Vielleicht ist es einfach das, womit ich aufgewachsen bin. Es gibt einige, die dafürhalten würden, dass Freundschaft in unserer Gesellschaft bei Weitem unterschätzt wird. Wir machen uns auf, „wahre“ (sexuelle) Liebe und Schicksal zu finden, und Freunde sind die Blumen am Wegesrand. Hocherfreulich, ein wichtiger Teil der Reise, aber niemals das Ziel. Ich bin so aufgewachsen, dass die Redewendung „nur Freunde“ immer etwas relativ Unverbindliches bedeutete. Natürlich halten Leute Kontakt, aber es wird doch mehr oder wenige erwartet, dass Freunde verlassen werden für die Schule, den Job, Beziehungen, Ehefrauen, Ehemänner, Kinder und all die anderen Dinge, die zum unveräußerlichen Kontingent eines gut gelebten Lebens gehören. Kein Wunder, dass ich so billig bin. Wie die Klassiker, mit denen ich meinen Zustand teile, setze ich auf eine ganze Reihe von Pferden, weil ich weiß, dass ich verlassen werde. Ich weiß, dass egal, wie eng und vertrauensvoll ich mich meinen (fast nur sexuellen) Freunden fühle, sie bleiben bei ihrer ach-so-verpflichtenden Suche nach dem Richtigen. Nachdem ich Freund um Freund die gleiche Geschichte über ihr persönliches Leben, die mich nicht mit einbezieht, herunterleiern gehört habe, ist es leicht, sich entmutigt zu fühlen. Und die Entmutigten sind oft anfällig für unstete Wanderungen.

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